Mickie Krause schockiert mit Beichte: „Ich hab gar nicht mitbekommen, wie sie groß wurden“ – Star zwischen Party, Schuld und einem Neuanfang, der viele Fragen aufwirft

Es klingt wie ein Geständnis, das keiner erwartet hätte: Mickie Krause, 55, der König des Ballermann, die Stimme, die seit Jahrzehnten feiernde Massen grölen lässt, spricht über eine ganz andere Bühne – die, die er kaum betreten hat. Nicht das Megapark-Podium auf Mallorca, nicht die riesigen Partyhallen in Deutschland, sondern die kleine Bühne, auf der das eigentliche Leben seiner Kinder stattfand. Eine Bühne, die er nach eigener Aussage fast komplett verpasst hat.

„Ich hab gar nicht mitbekommen, wie sie groß wurden. Ich hab den Eindruck, ich hab das gar nicht wirklich erlebt“, gesteht er im Interview – und es ist ein Satz, der hart trifft, weil er so ehrlich wie gnadenlos klingt. Für einen Mann, der Millionen Fans zum Lachen, Tanzen und Trinken bringt, bleibt am Ende ein leeres Gefühl: das seiner verpassten Rolle als Vater.

Die Erklärung liefert er gleich mit: Rastlosigkeit, Reisetätigkeit, der endlose Rhythmus eines selbstständigen Künstlers, der nie „nein“ sagen durfte, weil hinter jeder Ecke der nächste Auftritt, das nächste Honorar, der nächste Applaus wartete. Während er die Menge zum Kochen brachte, wuchsen zu Hause Kinder auf – und ihr Vater war mehr Abwesenheit als Begleiter.

Heute blickt Krause selbstkritisch zurück. Er versucht, nicht in Wehmut zu versinken, doch seine Worte klingen nach Reue. Vor allem seine älteste Tochter sei in einem Tempo groß geworden, das er schlicht verpasst habe. Statt erste Schritte, erste Worte, erste Schultage mitzuerleben, erlebte er die immer gleichen Chöre von „Schatzi, schenk mir ein Foto“ und „Finger im Po, Mexiko“. Lieder, die ihn reich und berühmt machten – aber eben auch zu einem Fremden im eigenen Zuhause.

Und dann ist da der jüngste Sohn, das Kind, bei dem er vieles besser machen wollte. Krause erzählt, dass er sich in den letzten Jahren mehr Zeit nahm, mehr Momente schuf, mehr Nähe zuließ. Aber auch hier gibt es Grenzen. Der erste Schultag an der neuen Schule – ein Meilenstein für jedes Kind – wird ohne ihn stattfinden. „Das frustriert mich“, sagt er offen. Und wieder steht der Applaus einer Menschenmenge gegen das leise Bedürfnis eines Kindes.

Was wiegt mehr? Der Jubel auf Mallorca oder die Hand, die man am ersten Schultag hält?

Es ist dieser Zwiespalt, der Krauses Geständnis so heftig macht. Auf der einen Seite der gefeierte Entertainer, auf der anderen der Vater, der mit Schuldgefühlen ringt. „Früher dachten wir: Wir müssen alles mitnehmen, was wir kriegen können“, beschreibt er sein damaliges Denken. Ein Satz, der wie ein Schlag ins Gesicht vieler Künstler wirkt, die bis heute nach demselben Prinzip leben: Auftritt um jeden Preis. Familie? Vielleicht später.

Doch Krause, gezeichnet von Erfahrung und Alter, sagt heute: „Nein, das geht nicht.“ Zum Beweis hat er kürzlich einen Megapark-Auftritt an einem Sonntag abgesagt – nicht etwa wegen Krankheit, nicht wegen Wetter, sondern weil sein Sohn Geburtstag hatte. Ein Signal, das Fans verstört, Kritiker provoziert und Künstlerkollegen verunsichert. Denn was bleibt von einem Star, der plötzlich Prioritäten setzt, die jenseits der Bühne liegen?

„Das läuft in zehn Jahren auch noch weiter. Ich muss nicht mehr alles machen“, sagt Krause gelassen – ein Satz, der fast untypisch klingt für einen Mann, dessen Karriere davon lebte, alles mitzunehmen, was es gab. Der Ballermann ist ein Haifischbecken, in dem es heißt: wer nicht spielt, verliert. Wer aussetzt, wird ersetzt. Und genau hier beginnt die eigentliche Provokation in Krauses Worten.

Denn er zitiert seinen Freund Atze Schröder, der es noch drastischer formulierte: „Ich hab Angst, dass andere Leute das Geld verdienen.“ Diese Angst ist die nackte Wahrheit hinter jeder Künstlerseele: die Furcht, dass ein verpasster Auftritt, ein verlorenes Wochenende, ein „Nein“ zum Megapark, am Ende den eigenen Platz zerstört. Dass jemand anders die Lücke füllt, die man selbst offenlässt.

Doch was ist der Preis dafür? Krauses Beichte legt offen, was jahrelang verschwiegen wurde: Dass der Ruhm, das Geld, der Rausch der Bühne fast immer auf Kosten von etwas geht, das unbezahlbar ist – der Familie. Seine Worte sind nicht nur ein persönliches Geständnis, sie sind ein Spiegel für eine ganze Branche, die bis heute Menschen verschlingt, ohne dass sie es merken.

Viele Fans feiern seine Offenheit. Sie sehen einen Mann, der endlich ausspricht, was viele Prominente verschweigen. Doch genauso viele reagieren schockiert: „Warum jetzt? Warum erst, wenn die Kinder groß sind?“ – fragen sie. „Warum erst nach Jahrzehnten voller Bierduschen und Ballermann-Hits, wenn die schönsten Momente längst vorbei sind?“

Vielleicht, weil man manches erst erkennt, wenn es zu spät ist. Vielleicht, weil Krause sich den Luxus leisten kann, heute „nein“ zu sagen – ein Luxus, den viele junge Künstler nie haben. Und vielleicht auch, weil er weiß, dass seine Karriere stabil genug ist, um auch mit weniger Auftritten zu überleben.

Doch was bleibt ist ein bitterer Beigeschmack: Für seine älteste Tochter wird es keine nachgeholten ersten Schritte geben, keine wiederholten ersten Schultage. Das Versäumte bleibt versäumt. Und das Eingeständnis des Vaters, so ehrlich es klingt, ist zugleich ein Geständnis der Ohnmacht.

Mickie Krause – für viele ein Symbol der Sorglosigkeit, der ewigen Party, der Spaßgesellschaft – zeigt plötzlich eine Seite, die kaum einer erwartet hat: verletzlich, selbstkritisch, schuldig. Und vielleicht ist genau das der Grund, warum seine Worte mehr schockieren als jeder Skandal um Alkohol, Exzesse oder Partyexzesse jemals könnte.

Denn am Ende geht es nicht um Ballermann-Hits oder abgesagte Auftritte. Es geht um das, was wir alle kennen: die Angst, das Wichtigste im Leben zu verpassen. Krause hat es verpasst. Und er weiß es.

Vielleicht macht ihn das ehrlicher. Vielleicht aber auch nur verletzlicher.