Schock-Moment für Jürgen Drews: Als das Oktoberfest plötzlich zur Gefahr wurde

Das Oktoberfest ist ein Synonym für ausgelassene Stimmung, Musik, Bier und Gemütlichkeit. Millionen Besucher strömen jedes Jahr nach München, um zwischen Maßkrügen und Blasmusik den Alltag zu vergessen. Doch nicht für jeden bleibt die Wiesn ein Ort des ungetrübten Vergnügens. Schlagersänger Jürgen Drews, der sich selbst augenzwinkernd zum „König von Mallorca“ ernannt hat und für Generationen von Fans der Inbegriff der guten Laune ist, erzählt eine Geschichte, die kaum zu seiner strahlenden Bühnenpersona passen will. Eine Begegnung auf der Theresienwiese, die ihm noch Jahre später im Gedächtnis geblieben ist.

Es klingt wie eine Szene, die nicht in das Bild passt, das die Welt von Jürgen Drews hat. Der Mann, der seit Jahrzehnten auf der Bühne steht, der das Publikum mit „Ein Bett im Kornfeld“ zum Mitsingen bringt, der scheinbar unverwüstlich und stets lachend wirkt, wurde auf dem Weg zum berühmten Käferzelt mit einer aggressiven Situation konfrontiert. Kein Fan, der nach einem Autogramm fragt, kein Selfie-Jäger, der sich in den Vordergrund drängte – sondern ein Mann, der plötzlich losbrüllte, die Stimme voller Hass, die Körpersprache drohend. „Dir Saupreis hau’ ich eins auf die Fresse“, schrie er Drews entgegen. Worte, die aus einem Schunkelabend plötzlich eine Schreckensszene machten.

Für Drews war es ein Schock-Moment, wie er im Gespräch mit T-Online berichtet. Auf der Theresienwiese, wo sonst Menschen Arm in Arm Lieder singen und sich Fremde zuprosten, fühlte er plötzlich Bedrohung, Gewalt, eine rohe Aggression, die so gar nicht zum Bild der Wiesn passen wollte. Die große Frage: Wie reagiert man in so einer Situation? Drews entschied sich für das einzig Richtige – er ließ sich nicht provozieren. Statt in Panik zu verfallen oder zurückzuschreien, ging er einfach weiter, ignorierte den Angreifer, als wäre er nur eine Störung am Rande. Es war eine Entscheidung aus Instinkt, vielleicht auch aus Erfahrung. Denn jemand, der sein Leben auf Bühnen verbracht hat, weiß: Auf manche Provokationen darf man nicht eingehen.

Und doch blieb der Schrecken. „Lustig war das Erlebnis ganz und gar nicht“, sagt Drews rückblickend. Ein Satz, der nüchtern klingt, fast banal, und doch so viel über das Erlebnis verrät. Ein Mensch, der sein Leben lang für Unterhaltung, Leichtigkeit und Spaß steht, gibt zu, dass ihn dieser Moment nicht loslässt. Es zeigt: Auch Stars, die wir als unerschütterlich wahrnehmen, sind verletzlich. Auch sie erleben Augenblicke, in denen der Glanz der Lichter nichts mehr wert ist.

Ramona verlässt die Wiesn – beim Schwärmen bricht Jürgen Drews in Tränen  aus - FOCUS online

Heute, Jahre später, geht Drews trotzdem noch auf die Wiesn. Der Vorfall hat ihn nicht davon abgehalten, ein gern gesehener Gast auf dem Oktoberfest zu bleiben. In diesem Jahr nahm er mit Ehefrau Ramona, Tochter Joelina und Entertainer-Kollege Florian Silbereisen an der Eröffnung teil. Gemeinsam betraten sie das Schottenhamel-Zelt, wo traditionell der Oberbürgermeister das erste Fass anzapft. „Auf eine friedliche Wiesn“, hieß es bei der Eröffnung – Worte, die angesichts von Drews’ Geschichte eine besondere Schwere bekommen. Denn während der Satz sonst eher als Floskel gilt, erinnert er plötzlich an eine Realität: Das größte Volksfest der Welt ist nicht nur Ort der Freude, sondern auch einer, an dem es immer wieder zu Aggressionen, Übergriffen und Eskalationen kommt.

Es wäre zu einfach, Drews’ Erlebnis als Ausnahmefall abzutun. Jahr für Jahr berichten Medien von Schlägereien, Pöbeleien und Zwischenfällen auf der Wiesn. Alkohol, Menschenmassen, aufgestaute Emotionen – all das mischt sich zu einer explosiven Mischung, die nur selten, aber manchmal eben doch, in Gewalt umschlägt. Dass ausgerechnet eine Schlagerlegende wie Jürgen Drews dies am eigenen Leib erfahren musste, wirkt wie eine groteske Ironie: Der Mann, der für Spaß und Leichtigkeit steht, wird mit der dunklen Seite des Volksfestes konfrontiert.

Doch vielleicht macht gerade das seine Erzählung so eindringlich. Denn Drews beschönigt nichts. Er erzählt nicht, wie er den Aggressor mit einem Spruch zum Schweigen brachte, nicht, wie er die Situation charmant löste. Nein, er erzählt vom Schock, von der Beklemmung, von der Tatsache, dass der Moment nicht einfach weggelacht werden konnte. Das wirkt authentisch, verletzlich, menschlich. Es zeigt, dass selbst ein Bühnenprofi mit jahrzehntelanger Erfahrung im Rampenlicht Augenblicke erlebt, die ihn sprachlos zurücklassen.

Und trotzdem bleibt Drews Teil der Wiesn. Er feiert, er zeigt Präsenz, er genießt das Fest mit Familie und Freunden. Vielleicht ist genau das die Botschaft: Angst darf uns nicht davon abhalten, Orte der Freude weiterhin als solche zu sehen. Ja, es gibt Gewalt, ja, es gibt Aggression. Aber es gibt auch das andere Bild – Menschen, die zusammenkommen, die feiern, die gemeinsam Tradition leben. Dass Drews trotz des Vorfalls immer wieder zurückkehrt, spricht für eine Haltung, die man als Mut oder Gelassenheit deuten kann.

Die Geschichte zeigt auch, wie sehr Stars wie Jürgen Drews ein doppeltes Leben führen. Auf der Bühne sind sie unantastbar, charismatisch, voller Energie. Im Alltag sind sie genauso verletzlich wie jeder andere. Der Aggressor auf der Theresienwiese sah nicht den „König von Mallorca“, sondern einfach einen Mann, den er beschimpfen wollte. Für Drews war es ein brutaler Moment der Normalität – und genau darin liegt seine Wucht.

Vielleicht ist es gut, dass er die Geschichte erzählt hat. Denn sie erinnert daran, dass auch das Oktoberfest, so sehr es für Gaudi, Musik und Bier steht, nicht nur eine Kulisse für unbeschwerte Stunden ist. Es ist ein Ort, an dem sich die Gesellschaft in all ihren Facetten zeigt – mit der Lust am Feiern, aber eben auch mit ihrer Aggressivität, ihrer Enge, ihrer Gewalt. Dass Drews trotz allem wiederkommt, macht die Geschichte rund. Ein Schlagersänger, der nicht nur den Applaus, sondern auch den Schrecken kennt – und trotzdem immer wieder das Rampenlicht sucht.

So wird aus einem persönlichen Erlebnis eine Mahnung. Eine Mahnung, dass das Oktoberfest friedlich bleiben soll. Eine Mahnung, dass auch inmitten von Bier und Blasmusik Respekt und Zurückhaltung gefragt sind. Und vielleicht auch eine Mahnung, dass die wahren Geschichten nicht nur in den Zelten, sondern auf den Wegen dorthin geschrieben werden.