Robert Geiss und sein 169-Euro-Adventskalender: Luxus, Kitsch oder blanker Hohn?

Weihnachten galt einmal als das Fest der Besinnlichkeit, als die Zeit, in der man innehält, Kerzen anzündet und sich an den kleinen Dingen erfreut. Doch in der Welt der Geissens, in der Welt der Yachten, Protzvillen und Markenklamotten, ist selbst der Advent längst zum Business verkommen. Robert Geiss, 59, Reality-Millionär und selbsternannter Lifestyle-Guru, setzt jetzt noch einen drauf: sein erster Adventskalender – für stolze 149 Euro im Vorverkauf, später gar 169 Euro. Vierundzwanzig Türchen voller Überraschungen, angeblich mit einem Warenwert von über 225 Euro. So zumindest die frohe Botschaft, die er seinen Fans auf Instagram verkündet. Doch was steckt wirklich dahinter? Luxus oder eine teure Illusion?

Die Liste der Inhalte klingt wie ein wilder Streifzug durch den Souvenir-Shop einer Schicki-Micki-Welt: eine Geldklammer, eine 50-Euro-Gutscheinkarte, Carmens Pralinen, Roberts Spiced Rum, dazu Schlüsselanhänger, Schlafmaske, Totenkopf-Eiswürfelform, Beauty-Produkte und Küchenhelfer. Robert selbst verspricht: „24 Tage voller Luxus & Überraschungen“. Doch Luxus ist ein dehnbarer Begriff. Für die einen bedeutet er eine Rolex, für die anderen eine Tafel Schokolade aus fairem Handel. Im Geiss-Kalender reicht er offenbar vom hochglanzpolierten Markengetränk bis zur Eiswürfelform im Totenkopf-Design.

Und genau hier beginnt die Diskussion. Während Geiss sich die Hände reibt, platzt bei seinen Fans die Stimmung. Unter dem Instagram-Post hagelt es Kritik. „Schon bissle teuer“, „Viel zu viel! Würde ich nie kaufen für 149 Euro. Wahnsinn!“, „Abzocke“ – die Kommentare sprechen eine klare Sprache. Das Versprechen von Luxus verwandelt sich für viele in ein Echo aus Kitsch und Wucher. Wer bitte zahlt fast 170 Euro für einen Adventskalender, der zwischen einer Schlafmaske und einer Plastikklammer pendelt?

Natürlich könnte man argumentieren: Niemand wird gezwungen, das Ding zu kaufen. Wer das nötige Kleingeld hat, wer sich ein Stück Geissens-Glanz ins Wohnzimmer stellen will, der soll zugreifen. Doch genau diese Haltung entlarvt den Kern des Problems. Es geht nicht nur um ein Produkt, es geht um ein Statement. Robert Geiss verkauft kein simples Türchen-Spiel. Er verkauft ein Lebensgefühl, seine Marke, den Mythos des „Selfmade-Millionärs“. Und er setzt darauf, dass seine Fans so verblendet sind, dass sie auch das letzte Restchen Kitsch als „persönlichen Favoriten“ feiern.

Man fragt sich, ob die Geissens den Ernst der Lage überhaupt begreifen. Während viele Menschen in diesem Jahr den Gürtel enger schnallen, während Familien überlegen, ob sie sich überhaupt Weihnachtsgeschenke leisten können, präsentiert Robert einen Adventskalender, der so teuer ist wie ein kompletter Wocheneinkauf. Und das alles für Schlüsselanhänger und Küchenhelfer, die man bei Amazon in der Restposten-Ecke findet. Ist das Luxus oder blanker Hohn?

Natürlich, es gehört zum Geschäft der Geissens, Grenzen zu überschreiten. Sie leben davon, Protz und Glamour zur Schau zu stellen, während andere den Kopf schütteln. Aber dieses Mal scheint die Rechnung nicht so einfach aufzugehen. Die Fans, die sonst gerne applaudieren, wenn Carmen die nächste Handtasche in die Kamera hält, reagieren gereizt. „Abzocke“ ist kein beiläufiges Wort. Es ist ein Vorwurf, der ins Mark trifft. Und er zeigt: Irgendwann ist Schluss mit lustig, irgendwann kippt die Bewunderung in Empörung.

Das Gefährliche an der Nummer ist nicht einmal der Preis, sondern die Botschaft. Indem Geiss seinen Adventskalender als „persönliche Favorites“ verkauft, tut er so, als hätte er höchstpersönlich die Schlafmaske getestet, als sei die Totenkopf-Eiswürfelform sein abendlicher Begleiter beim Drink an Deck. Die Fans sollen glauben: Wer diesen Kalender kauft, holt sich ein Stück „Robert & Carmen“ ins Haus. Doch jeder weiß, dass es nur eine Illusion ist. Robert Geiss trägt keine Schlafmaske aus einem 169-Euro-Kalender. Er fliegt Privatjet. Er wohnt in Monaco. Er kauft Luxus im sechsstelligen Bereich.

Und so bleibt am Ende ein bitterer Beigeschmack. Wer sich den Kalender leistet, bekommt vielleicht vierundzwanzig Päckchen. Aber was man wirklich kauft, ist ein Stück Ernüchterung. Ernüchterung darüber, wie weit sich Prominente von der Realität ihrer Fans entfernt haben. Ernüchterung darüber, dass selbst die Adventszeit zur Plattform für Kommerz wird. Ernüchterung darüber, dass ausgerechnet ein Mann, der schon lange nicht mehr wissen muss, wie sich 169 Euro im Portemonnaie anfühlen, mit diesem Preis provoziert.

Vielleicht ist das Ganze aber auch ein genialer Schachzug. Denn seien wir ehrlich: Hätte Robert Geiss einen Adventskalender für 29,99 Euro herausgebracht, wäre er kaum mehr als eine Randnotiz wert gewesen. Erst durch den Preis, erst durch den Vorwurf der „Abzocke“, erst durch die Wut der Fans wird daraus eine Schlagzeile. Vielleicht weiß Robert das nur zu gut. Vielleicht kalkuliert er die Empörung mit ein. Und vielleicht lacht er schon jetzt über all die Kommentare, weil er weiß: Am Ende wird der Kalender ausverkauft sein.

Genau das ist die bittere Ironie: Die, die jetzt „Abzocke“ rufen, werden in ein paar Wochen vielleicht trotzdem vor ihren 24 Türchen sitzen, mit einer Schlafmaske in der Hand und Roberts Rum im Glas. Denn so funktioniert das Spiel. Empörung ist Werbung, und Werbung verkauft.

Doch es bleibt die Frage: Wie lange noch? Wie lange lassen sich Menschen noch einreden, dass Kitsch Luxus ist, dass Plastik Wert hat, dass ein Adventskalender für 169 Euro ein „gutes Geschäft“ sei? Vielleicht wird Roberts Kalender tatsächlich zum Renner. Vielleicht aber markiert er auch den Wendepunkt, an dem die Fans endgültig erkennen: Nicht alles, was glänzt, ist Gold.

Am Ende wird Weihnachten kommen, mit oder ohne Geissens-Kalender. Und vielleicht liegt die wahre Überraschung nicht hinter den 24 Türchen, sondern in der Erkenntnis, dass man für Besinnlichkeit keine 169 Euro ausgeben muss.