Wimbledon: Alexander Zverev erlebt Debakel gegen Arthur Rinderknech

Wie immer war Zverev auch nach Wimbledon mit großen Ambitionen gereist. Neben Carlos Alcaraz und Jannik Sinner sehe er “nur zwei, drei Leute, die zum Thema werden – da würde ich mich mit einbeziehen”, hatte der 28-Jährige über die Favoritenrolle beim legendären Rasenturnier gesagt. Nach nur einem Spiel muss man sagen: Das Thema hat sich erledigt.

Nach dem Spiel machte Zverev aber auch klar, dass es nur einer von vielen harten Momenten für ihn in dieser Zeit ist. “Ich fühle mich im Moment im Allgemeinen ziemlich allein im Leben. Und das ist kein sehr schönes Gefühl”, sagte er auf der anschließenden Pressekonferenz.

Zverev weiter: “Es ist kein Gefühl auf dem Tennisplatz, es ist ein grundsätzliches Gefühl in meinem Leben. Ich habe mich noch nie so gefühlt. Es ist schwierig für mich, außerhalb des Tennisplatzes Freude zu finden.” Er könne sich eine Therapie vorstellen, betonte aber auch, dass dies keine Ausrede für die Niederlage sei.

Zverev nach der Pause vollkommen von der Rolle

Rund 18 Stunden hatten zuvor zwischen dem Moment, als Zverev zum 1:1 ausgleichen konnte, und dem Restart der Partie, die am zweiten Tag entschieden werden musste, gelegen. Und obwohl die Pause lang war, war es sehr überraschend, wie wenig von diesem Erfolgserlebnis übrig war, als die beiden Tennisspieler zurück auf dem Platz waren. Denn auf dem schien Zverev nur physisch zu sein.

Die Nummer drei der Welt hatte von Beginn an große Probleme, er musste sofort zwei Breakbälle abwehren. Wenig später schaffte Rinderknech dann das erste Break der Partie zum 2:1, während er selbst bei seinem Service kaum Probleme hatte. Zverev hatte derweil jede Menge davon. Sein Aufschlag war ungewohnt schwach, den Schlägen fehlte Power, er machte viele Fehler.

Was aber noch problematischer war: Zverevs Körpersprache. Ihm fehlte die Spannung, er baute sich selbst nicht auf, er ärgerte sich nicht mal, was er sonst so häufig macht. Zverev zeigte keine Leidenschaft, dabei bekam er von der Box immer wieder lautstark Zuspruch. Vergebens, denn Rinderknech nahm die Einladung seines Gegners an, breakte ein zweites Mal zum 6:3 – dank eines einfachen Vorhandfehlers von Zverev.

Schwacher Start, Comeback und Glück im Tie Break für Zverev

Wer sich im vierten Satz einen anderen Auftritt des Deutschen erhofft hatte, wurde zunächst enttäuscht. Zverev nahm den ersten Spielgewinn seines Gegners mehr oder weniger regungslos hin, es wirkte nicht so, als würde es ihn besonders treffen, als er einen zweiten Aufschlag von Rinderknech weit ins Aus schlug zum 0:1. Er schlich zur Bank, kam zurück auf den Platz und musste wieder Breakbälle abwehren.

Doch er schaffte das. Noch wichtiger aber: Er schaffte es, sich selbst zu motivieren. Rinderknech machte Fehler, Zverev holte das Spiel und begleitete den letzten Ball mit einem lauten “Let’s go” ins Aus. Er machte auch den nächsten Punkt, ballte beide Freude und schrie sie heraus. Für ein Break reichte es aber – trotz eines “Becker-Hechts” am Netz – nicht. Einige Minuten später ließ Zverev dann auch noch zwei Breakbälle liegen, Rinderknech ging 3:2 in Führung.

Alexander Zverev findet gegen Arthur Rinderknech keine Lösungen

Als die Nummer 72 der ATP-Weltrangliste zum dritten Mal in Folge wackelte, ließ der Deutsche schon wieder zwei Gelegenheiten liegen, er konnte seinem Gegner offenbar einfach nicht den Aufschlag abnehmen. Mit dieser Gewissheit fand Rinderknech auch wieder zurück zu seinem Spiel, Zverev war bei eigenem Aufschlag aber auch souverän – so musste wieder der Tie Break entscheiden.

Und der ging auf dramatische Art an den Favoriten. 3:5 lag Zverev hinten, er kam zurück, sicherte sich bei 5:5 mit einem zweiten Aufschlag von 219 Stundenkilometern den ersten Satzball und verwandelte ihn.

Rinderknech geht in die Kabine und serviert sich in die zweite Runde

Die Wende? Nein. Rinderknech nahm sich danach eine lange Pause und verschwand in der Kabine – und das hatte Folgen. Zverev ging in seinem zweiten Aufschlagspiel zwar mit 40:0 in Führung, verlor dann aber komplett den Faden und lag plötzlich mit 1:2 zurück. Dass dem Deutschen im gesamten Matchverlauf noch kein Break gelungen war, dramatisierte diese Tatsache noch weiter. Rinderknech musste nur noch viermal seinen Aufschlag so durchbringen, wie er es in der gesamten Partie gemacht hatte.

Der Franzose war mit den Kräften am Ende, aber er biss sich durch – auch aufgrund der Tatsache, dass Zverev zu oft in alte Muster verfiel und zu defensiv spielte. Einen Tag, nachdem die Partie auf dem Centre Court gestartet war, beendete sie Rinderknech mit seinem dritten Matchball. Er sorgte damit für das erste Erstrunden-Aus bei einem Grand-Slam-Turnier für Zverev seit 2019 – ebenfalls in Wimbledon.

Zverev war mit besserer Stimmung in die Nacht gegangen

Das alles passierte, nachdem sich Zverev gerade so noch eine ausgeglichene Ausgangslage für Teil zwei des Matches verschafft hatte. Ehe am Montag aufgrund der Nachtruhe in London abgebrochen wurde, hatte Rinderknech zwei Gelegenheiten, auch den zweiten Tie Break der Partie für sich zu entscheiden – Zverev wehrte die Satzbälle jedoch ab und schaffte den Ausgleich. Beim Stande von 1:1 ging es dann ins Bett mit dem psychologischen Vorteil für den Deutschen. Von dem einen Tag später nichts mehr zu sehen war.